Elektromagnetische Verträglichkeit

Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik

Die Forschungsschwerpunkte der Elektromagnetischen Verträglichkeit am IEH liegen im Automobilbereich und Mittelspannungsschaltanlagen.

EMV von KFZ-Wechselrichtern

Eine wesentliche Störquelle im Automobilbereich stellt der Wechselrichter dar. Dieser kommt zum Einsatz, wenn eine Konversion zwischen Gleich- und Wechselspannung vollzogen wird. Beispielsweise bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ist dies erforderlich, um die gespeicherte Energie des Akkumulators (Gleichspannung) für die elektrische Maschine (Wechselspannung) bereitzustellen. Die dabei eingesetzten Leistungshalbleiter  erzeugen während des Schaltens  im Frequenzspektrum eine breitbandige Störung  im Bereich von Kommunikations- und Komfortdiensten. Forschungen am Institut befassen sich damit, die Störungen durch eine geeignete Ansteuerung  und einem speziell gewählten Hardwareaufbau  direkt an der Quelle zu minimieren.

EMP-Generator bis 800 kV, 2,3/23ns Prüfraum: 5x10x5 m3
EMP-Generator bis 800 kV, 2,3/23ns Prüfraum: 5x10x5 m3

Aktive und passive Filter

Untersuchungen im Bereich der Filtertechnik versuchen die Grenzwerte  von Normen  oder OEMs für gegebene Komponenten zu erreichen. Die Herausforderung im Automobilbereich liegt darin, das Optimum zwischen den elektrischen Filtereigenschaften, dem erforderlichen Bauraum und den zusätzlichen Kosten zu finden. Hierzu werden im Forschungsvorhaben verschiedene Ansätze verfolgt. Zum einen können anhand verschiedener Optimierungsverfahren, wie beispielsweise evolutionäre Algorithmen, teilautomatisiert passive Filter, zugeschnitten auf Preis- und Dämpfungsanforderungen , entwickelt werden.  Zum anderen werden neue aktive Filtermethoden untersucht. Dabei werden Verfahren betrachtet, bei denen die Störquellen durch geeignete Algorithmen in der Invertersteuerung berechnet werden können und dementsprechend phasenverschobene  Kompensationssignale ins Traktionsnetz  eingespeist werden.

Induktive Ladesysteme

Induktives Laden stellt für die EMV eine neue Herausforderung dar. Leistungen von einigen Kilowatt werden drahtlos über geometrisch ausgedehnte Ladespulen übertragen. Dadurch entstehen sowohl im Ladezustand, als auch im Fahrbetrieb neue Kopplungswege für elektromagnetische Störungen. Verschiedene Gleich- und Gegentaktstörungen können zur Gefahr für die übrige Bordelektronik werden. Um das Störpotential erfassen zu können werden die Koppelpfade im Laboraufbau messtechnisch charakterisiert und die in der Praxis zu erwartenden Störgrößen bewertet. Anhand von FEM-Simulationen werden die Systeme als Modell nachgebildet, sodass bereits während der Systementwicklung das Störpotential abgeschätzt werden kann.

EMV von Mittelspannungsanlagen

In Schaltanlagen für Mittelspannung werden vor allem in der unteren Verteilnetzebene  anstelle klassischer Strom- und Spannungswandler häufig sogenannte Kleinsignalwandler eingesetzt. Diese bieten neben geringen Kosten erhebliche Vorteile bei Bauraum, Dynamik, Linearität und Verlustleistung. Aufgrund der unterschiedlichen Messprinzipien ergeben sich jedoch andere Ausbreitungswege und Pegel für elektromagnetische Störgrößen als bei der klassischen Wandlertechnik. Die nach IEC 60255-26 vorgeschriebenen Prüfverfahren für Schutzsysteme sind dadurch nur bedingt auf Applikationen mit Kleinsignalwandlern übertragbar. Die Forschung richtet sich daher auf die Entwicklung geeigneter Prüfverfahren, um eine zuverlässige Funktionsweise der Schutzsysteme unter Einwirkung aller relevanten Störgrößen  wie z.B. Schalttransienten oder einem hohen Oberwellenanteil zu gewährleisten.

Teilentladungsbetrachtung in der Elektromobilität

Teilentladungen (TE) beschreiben ein Phänomen von unvollständigen Durchschlägen in der Isolation von Betriebsmitteln. Aufgrund hoher DC-Spannung und schnellen Schaltvorgängen der Wechselrichter in Elektrofahrzeugen kann es zu lokalen Feldüberhöhungen kommen, die TE begünstigen. Bezüglich der Messtechnik sind hier andere Anforderungen gestellt als bei der klassischen TE-Messung von Betriebsmitteln der Energieübertragung. Unter welchen Bedingungen TE entstehen und wie sie durch geeignete Isolationsauslegung ausgeschlossen bzw. minimiert werden können, wird untersucht. Mittels Messaufbauten und Simulationen wird so eine Risikobewertung  für den Ausfall von Komponenten vorgenommen.

CISPR 25 Komponententests mit komplexen Kabelbäumen

Die Komplexität elektronischer Steuergeräte im Fahrzeug wird in den kommenden Jahren signifikant zunehmen. Insbesondere durch die hohen Sicherheitsanforderungen an das autonome Fahren und bedingt durch die Elektromobilität steigen sowohl die Anzahl benötigter Sensoren als auch eingebauter Aktoren in Kraftfahrzeugen. Um eine EMV-gerechte Messung durchführen zu können muss der steigenden Komplexität auch im Rahmen von Komponententests (nach CISPR 25) Rechnung getragen werden. Für eine umfassende Prüfung muss eine Vielzahl verschiedener Bus-Signale mit entsprechend aufwändigen Kabelbäumen für die Messung zwischen Prüfling und Peripheriegeräten übertragen werden. Hierbei gilt es zu bewerten, inwiefern eine aufwändige gleichzeitige Messung aller Bus-Systeme notwendig ist oder in welchem Umfang durch serialisierte Messungen ähnlicher Schnittstellen das Prüfverfahren vereinfacht werden kann. In diesem Zusammenhang wird auch untersucht, welchen Einfluss der Prüfaufbau mit komplexen Kabelbäumen und deren Leitungsverlegung auf die Reproduzierbarkeit des Verfahrens hat.

Laboreinrichtungen

  • EMV-Halle in Vaihingen 10,3m x 5,6m x 3,7 m
  • Mess- und Steuergeräte für EMV-Messungen in der Halle
  • Prüfgeräte für EMV (Burst-,Surge-,Netzstörgenerator, Flickermeter, Magnetfeldtester, Netznachbildung, Koppelzangen, ESD-Pistole)
  • CW-EMV-Absorberraum in Nellingen mit Leistungsverstärkern, diversen Antennen, Feldmesssystem, opto-analoge Messwertübertragungsstrecke bis 1GHz, Meßempfänger bis 5 GHz
  • EMP-Generator mit Freiluftantenne bis 800kV in Nellingen Prüfvolumen 6m x 10m x 5m
  • TEM-Messzellen
  • Klimaschrank für ESD-Messungen
  • kleine Streifenleiterantenne zu Erzeugung von elektro-magnetischen Impulsen (EMP's)
Dieses Bild zeigt Michael Beltle

Michael Beltle

Dr.-Ing.

Standortleiter Nellingen, Abteilungsleiter EMV

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